Das Ausstellungsprojekt Stadt.Land.Pop. will nachzeichnen, wie sich Westfalen in die Popmusik einschreibt, wie sich das ambivalente Verhältnis von Heimat und Wahlheimat in Songtexten spiegelt. Bernd Begemann, Bernadette La Hengst und Die Sterne mit Frank Spilker (alle Bad Salzuflen), Blumfeld (mit Frontmann Jochen Distelmeyer aus Brake) und Erdmöbel (aus dem Münsterland) stehen im Mittelpunkt der Ausstellung.
Im Fokus: Popmusik aus Westfalen.
Zahlreiche Bands, die mit ihrer Musik und ihren deutschsprachigen Texten Pop-Geschichte geschrieben haben, stammen aus Westfalen. Die musikalische Sozialisation von klingenden Namen der Szene begann nicht in Hamburg oder Berlin, sondern in Ostbevern und Bad Salzuflen.
Ausstellung
27.11.2008 – 19.4.2009
Popmusik & Literatur
Als Literaturprojekt beschreitet das Vorhaben Stadt.Land.Pop. zumindest aus westfälischer Perspektive Neuland. In der Literatur- und Kulturwissenschaft ist Popmusik zwar ein zunehmend anerkanntes Forschungsfeld, in der westfälischen Literaturgeschichte fand Popmusik bislang allerdings kaum statt. Hier erschließt das Projekt ein neues Themenfeld, indem es einen Link zwischen Lyrik und lyrics auch in Westfalen herstellt.
Die Auswahl der Bands und Solokünstler orientiert sich an der Nähe zur Literatur. Markus Berges’ Texte für Erdmöbel sind in der deutschen Popmusik eine Rarität. Seine unabgenutzten Bilder und Verse evozieren Sprachbilder weit jenseits des Herz-Schmerz-Paradigmas von Pop und Schlager. Blumfeld benannten sich programmatisch nach einer Erzählung Franz Kafkas und greifen unter anderem auf Verse von Ingeborg Bachmann und Paul Celan zurück. Bernadette La Hengst schreibt sprachspielerische Songs, aber auch Kurzgeschichten und arbeitet an Theater- und Hörspielprojekten. Bernd Begemann ist bekennender Döblin-Verehrer und Poet des Alltags. Die Lieder von Die Sterne-Frontmann Frank Spilker changieren nicht nur zwischen Songtext und Gedicht, sondern erkunden auch die vielfältigen Verbindungen zwischen Prosatext und Popsong.
Exponate
Neben den Songtexten zeigt die Ausstellung bislang schwer oder nicht zugängliche Exponate aus den einzelnen Musikerkarrieren sowie Videos und Interviews, die im Rahmen des Projekts entstanden. Selbstdarstellungen und Pressematerial, Kassetten-, LP- und CD-Cover aus zwei Jahrzehnten und vieles mehr geben neue Einblicke in die Pop-Welt der 80er und 90er Jahre.
Fast Weltweit
Aus regionaler Perspektive gilt zusätzlich einem besonderen Phänomen der westfälischen Pop-Landschaft Aufmerksamkeit: Distelmeyer, Spilker, La Hengst und Begemann haben gemeinsame westfälische Wurzeln. In Bad Salzuflen entstand in den 1980er Jahren um das Tonstudio von Frank Werner das Musiklabel Fast Weltweit mit dem Anspruch, einen eigenen Zugang zu deutschsprachiger Popmusik zu finden. Künstler, die später unter Begriffen wie ‚Hamburger-Schule’ oder ‚Diskurs-Pop’ mit ihren kritisch-reflektierenden Texten Maßstäbe für literarisch orientiertes Songwriting gesetzt haben, begannen mit Fast Weltweit ihre musikalischen Laufbahnen. Dieses neu zu entdeckende Kapitel der Pop-Geschichte dokumentiert die Ausstellung mit Hilfe der damaligen Protagonisten.
Der Begleitband
Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation mit Beiträgen der porträtierten Künstler. Hier setzen sich u.a. Frank Spilker, Bernadette La Hengst und Erdmöbel mit ihren westfälischen Ursprüngen auseinander. Michael Girke und Eckhard Schumacher beleuchten die Pop-Kultur der 80er Jahre. Literatur- und Kulturwissenschaftler nähern sich der westfälischen Popmusik aus analytischer Perspektive, u.a. Walter Gödden, Jochen Grywatsch und Moritz Baßler. Die Illustrationen des Bandes dokumentieren die aufwändigen Materialrecherchen für die Ausstellung. Der Band erscheint im Aisthesis Verlag, Bielefeld, 2008. ISBN 978-3-89528-708-4.
Konzertreihe
DO 27.11.2008 | 20.00 Uhr
Erdmöbel
Auftaktkonzert zur Ausstellungseröffnung
Mehr Künstlerkollektiv als Pop-Band, mehr lakonische Lyrik als plakative Parole, mehr Realparadoxie als Scheinidentität: Der Name Erdmöbel – ein unkonventioneller Euphemismus für Sarg – versinnbildlicht treffend das literarisch und ästhetisch wertvolle Programm des in den 90er Jahren in Münster gegründeten, inzwischen in Köln ansässigen Quartetts um den Sänger/Dichter Markus Berges.
Ihr Look wirkt spießig bis ins Mark – ein Spiel mit Oberflächlichkeit und Tiefgang. Intensiv aber unpathetisch werden der Wohlklang des sperrigen Wortes und das kultivierte Understatement gepflegt, verbale Umwege und vermeintliche Nebensächlichkeiten jugendlicher Coolness und großen Gesten vorgezogen.
Unerklärlich leichter Live-Lesestoff für die Ohren.
DO 05.02.2009 | 20.00 Uhr
Bernd Begemann & Die Befreiung
Begemanns Lieder sind aus dem Leben gegriffen, gnadenlos wahr und liebenswert amüsant. Er geht dahin, wo’s weh tut, nämlich mitten in den Alltag. Seine Texte liefern treffsicher mikroskopische Beobachtungen Deutschlands.
Begemann gibt auf der Bühne alles, bis zum letzten Schweißtropfen. Das hat ihn in der Szene legendär gemacht und ihm den Ruf des „hardest working man in German pop-business“. „Wenn Leute nicht das Ohr haben, meine Lieder von Schlagern zu unterscheiden, sind ihre Seelen verloren“, sagt Begemann. Er will den populären Song „ohne Peinlichkeiten“.
DO 05.03.2009 | 20.00 Uhr
Bernadette La Hengst
Nach zehnjährigem Erfolg mit der „Punk-Rock-Beat-Girl-Trash-Pop“-Gruppe Die Braut haut ins Auge veröffentlichte La Hengst seit 2002 drei Soloalben, die ein bunt-schillerndes Potpourri von Synthie-Punk und klassischem Pop bis hin zu Antiglobalisierungs-Agitprop und Elektro-Boogie bieten. Im Einerlei der deutschen Unterhaltungsindustrie fallen Bernadette La Hengsts Platten durch gesellschaftspolitische Texte auf, prall gefüllt mit feministischem Gedankengut, weltoffen, sexy und kämpferisch. La Hengst gelingt das Kunststück, gesellschaftspolitische Einsichten mit intimen Einblicken zu kombinieren, ohne sich an den Maßstäben anderer abzurackern. Diese Mischung hat ihr 2003 den Künstlerinnenpreis NRW eingebracht: „Ihre Songtexte sind intelligent und humorvoll. Sie lässt die deutsche Sprache mit imponierender Selbstverständlichkeit zu einer unprätentiösen Poetik des Alltags werden.“
FR 03.04.2009 | 20.00 Uhr
FrankSpilker.Gruppe
Verschroben plakative Texte und „schnöseliger“ Gesang sind Frank Spilkers Markenzeichen. Seit 2008 ist der Kopf der Band Die Sterne in eigener Sache unterwegs. Nach 15 Jahren Bandgeschichte (die damit nicht enden soll) widmet sich Spilker der Routinevermeidung und der Verwirklichung bislang unerfüllter Wünsche. Der Meister des Wortspiels wartet hier gleich serienweise mit originellem und verdrehtem Sprachwitz auf. In den Songs geht es um Verunsicherung, Selbstreflexion und darum, wie Gemeinschaft ohne den Verzicht auf ein kritisches Bewusstsein funktionieren kann.
Sein Solo-Debüt brachten – so impliziert auch der Album-Titel „Mit all den Leuten“ – eine Reihe von Gastmusikern mit auf den Weg, darunter der Schlagzeuger Mathias Strzoda und der Bassist Max Knoth, die das Tourneeprogramm mit Spilker bestreiten.
Karten gibt es beim Die Glocke-Kartenservice (Tel.: 02522-73300), Forum Oelde (Tel.: 02522-72800) und im Kulturgut Haus Nottbeck (Tel.: 02529-945590).
VVK 12,00 EUR / 10,00 EUR (zzgl. VVK-Gebühr)
AK 14,00 EUR / 12,00 EUR
Museum für Westfälische Literatur – Kulturgut Haus Nottbeck
Landrat-Predeick-Allee 1
59302 Oelde-Stromberg
Öffnungszeiten:
Dienstag – Freitag: 14.00 – 18.00 Uhr
Samstag, Sonntag und an Feiertagen: 11.00 – 18.00 Uhr
Kultur-Café
Öffnungszeiten:
Samstag, Sonntag und an Feiertagen: 14.00 – 18.00 Uhr
Und nach Vereinbarung