Veröffentlicht: 2003
- Ich bin dann soweit
- Bis du den Richtigen triffst-nimm mich
- Ich kann dich nicht kriegen, Katrin
- Meine vergiftete Stimme
- Du gehst so zärtlich
- Ich stamme aus den Hügeln
- Claudia
- Liebe tat mir nie weh
- Selten
- Hoffnungsvoll
- Wenn wir Glück haben
Endlich!
Kennen Sie Bernd Begemann? Glück gehabt. Hätten sie Nein gesagt, müsste man jetzt die schöne, aber auch langwierige Geschichte dieses Gitarre spielenden, deutsch singenden Entertainers aus Bad Salzuflen erzählen. Die Mär vom gut aussehenden Kerl mit der noch besseren Stimme, der eigentlich immer schon in Hamburg lebt und dort jenseits irgendwelcher Schulen Lieder, auch lustige, aber vor allem über die Liebe, schreibt und singt und spielt. — Vielleicht hat er grösseren Einfluß auf die sogenannte Hamburger Schule als man meint.
Den sie deshalb „Minnesänger“, „Barde“ oder „Entertainer im Bademantel“ nennen, der so oft im Jahr auf Tournee ist, und eine ständig wachsende Fan-Gemeinde um sich scharrt. Aber auch den „Anti-Ideologen“, „Romantiker“, „Buddy Holly Imitator“ und „FC St.Pauli des modernen deutschsprachigen Liedgutes“. Letzteres verdankt er, der privat eher als Baseball– oder Nintendo-Spieler auftrumpft, wahrscheinlich seiner treuen Fangemeinde und den vielen Aufstiegschancen, die man ihm mit seiner Band „Die Antwort“ und vor jeder neuen Soloplatte, sowie bei Nebenjobs als Kolumnist, Soundtrack-Scorer, Schauspieler oder Fernsehmoderator, immer wieder zusprach. Nicht, dass dieser Bernd Begemann keine Erfolge vorzuweisen hätte. Frauen die ihn kennen, lieben ihn. Männer die ihn verstehen, mögen ihn. Dabei finden sich auch zahlreiche Kollegen. Die Prinzen, Heinz Hoenig, Dieter Thomas Kuhn, Michel Van Dyke und Echt haben seine Lieder gesungen. Und mit dem Produzenten und Allroundmusiker Louis C. Oberländer, früher bei den „Jeremy Days“, und der Sängerin Lana Quish, mit der dieser die Band „Palomino“ hat, außerdem mit Bela Brauckmann und Peter Hinderthür von „Cultured Pearls“ und dem Sänger und Fotografen Kim Frank von „Echt“ hat Bernd Begemann ein neues Album gemacht. Wenn sie ihn wirklich noch nicht kannten, wird es jetzt Zeit.
„Pop bedeutet ja, dass es jetzt ist,“ sagt Bernd Begemann, eher so nebenher. Dabei ist das nicht nur sehr wahr sondern auch wichtig. Foto: Kim Frank
Bernd Begemanns neues Album heißt „Endlich“ und ist, im besten Sinne dieses Wortes, ein lang ersehnter Neuanfang. Nicht ganz allein, aber mit einigen schon erwähnten guten Freunden, singt und spielt Bernd auf diesem Album elf Lieder, die so jetzt wie gut sind. „Ich bin dann soweit“ heißt gleich das erste Lied. „Schau mich ruhig etwas länger an. Ist dir etwas aufgefallen?“, singt Bernd da. „Ich bin ein anderer Mensch als der, den du von gestern kennst.“ Dieser Mensch singt seine liebevollen Melodien immer noch besser und ehrlicher als alle Anderen, umgibt sich zusätzlich mit schönen Streichern und singenden Gitarren, einem eleganten Chor und sanften Rhythmen. Das ist Pop.
Und weil es so zeitlos ist, ist es auch zeitgemäß. „Bis Du den Richtigen triffst– nimm mich“ ist eine moderat marschierende Hymne, die Bernd im Duett mit „Echt“-Sänger Kim Frank singt (der auch all die wunderschönen Fotos für das neue Album gemacht hat. Ja, wer Bernd versteht und mag (s.o.), bleibt ihm keinen Gefallen schuldig.) Eine perlende Gitarre lullt in die Ballade „Ich kann dich nicht kriegen, Katrin“ ein, die zweite traurige Katrin-Episode von unerwiderter Liebe und widerwilliger Resignation. „Meine vergiftete Stimme“ zieht das Tempo auf über 120 Schläge pro Minute an, und wird auch thematisch herzhafter. „Wir wissen jetzt, was nicht geht. Und rate mal, wer hier steht?“ bezeugt Bernd, sehr Foto: Kim Franküberzeugend. „Du gehst so zärtlich“ wird auch von einer recht schnellen Bassdrum getrieben, ist aber trotzdem eigentlich eine Ballade. Und was für eine. Für die Refrain-Melodie „Du gehst so zärtlich fort, doch du gehst“ würde mancher ebenso viel tun, wie für die Zeile „Die Erste macht die Tür zu und der Letzte hört die Schritte“. So zart das klingen mag, es schmerzt. Langsam braut sich ein Akkordsturm zu „Ich stamme aus den Hügeln“ zusammen, der erst bei Einer Minute Dreizehn zum vollen, segensreichen Pop-Gewitter ausbricht. Wo die Hügel sind und warum, ist dabei total egal, denn man weiß, wie es dort ist, „wo jeder für sich lebt“ und der, der „bloß ein paar Schritte geht“ komplett verschwunden ist. Noch eine sicherlich schöne, offensichtlich enttäuschende Frau ist „Claudia“, die allerdings dafür, dass sie jetzt endlich glücklich, mit einem anderen und auch nach Plan lebt, zumindest dieses herzerweichende Liebeslied mit auf ihren Lebensweg bekommt. Bernd, der Hoffnungsträger, oft alleine, aber niemals einsam, behauptet immerhin „Liebe tat mir nie weh“ und zieht auch bei diesem Gefühlsausbruch wieder alle romantischen Register. Damit trotzdem keiner traurig wird, rockt dann „Selten“ mal so richtig ab, wobei der Sentimentalist auf einmal selbstbewusst singt: „Selten fühlte ich mich wohl in mir. Selten vorher.“ Das langsam leidende „Hoffnungsvoll“ klingt gar nicht danach. Aber die Zeile „Gib uns etwas Zeit und mit etwas Glück, wer weiß, beginnt in dieser Nacht eine Liebe, die bleibt“ ist es ganz bestimmt. Zum Glück gibt’s zum Schluß noch das schöne, sanft vor sich hin schwebende „Wenn Wir Glück Haben“, einen weiteren wunderbaren Begemann-Song, zu dem man am liebsten gemeinsam singen und weinen will. Wie so oft bei Bernd. Wie so selten sonst.
Natürlich ist dieses neue Album mit Abstand Bernd Begemanns bestes. Alte Fans werden es lieben, von Neuem mit ihm leiden oder auch glücklich sein zu dürfen. Neue Freunde werden ihm nachfühlen, ihm zujubeln, seine Lieder mitsingen. Die Welt wird Bernd Begemann kennenlernen. Endlich.