So geht das jede Nacht

Rock and Roll-Rockabilly – Das fetzt, das schockt, das ist stark!
Wenn Musikfreundinnen und -freunde an den Rock’n’Roll und den Rockabilly der 50er Jahre denken, schnalzen sie verzückt mit der Zunge. Es gibt keine Musik, die so direkt auf die Nervenbahnen und Synapsen des Hörers wirkt wie der knallende Mix aus C&W und R&B. Als hätte er seit Anbeginn der Zeit in den Jugendlichen geschlummert, gegärt und als wäre er um das Jahr 1953 herum mit der Kraft einer Supernova heraus gebrochen, revolutionierte der Sound aus dem amerikanischen Süden die Musikwelt, wenn nicht gar die Welt.

Bernd Begemann und Dirk Darmstaedter schlagen ein vergessenes Kapitel der Rock-and-Roll-Geschichte auf: Den deutschsprachigen Rock and Roll der 50er und frühen 60er Jahre.

Denken Musikfreundinnen und -freunde an den in den 50er und frühen 60er Jahren produzierten Rock and Roll aus Westdeutschland, neigen sie dazu, abzuwinken. Zuviel ging von der ursprünglichen Wucht des frühen Rock beim Transfer über den Atlantik verloren. Hatte das vereinigte Königreich noch hard rockende Rocker wie Johnny Kidd oder Vince Taylor zu bieten, meinte man bislang, den deutschen Rock and Roll in der Hand von Schwiegersöhnen und Tanzmusikern, die den Sound zwecks Einordnung unter den Muff des postfaschistischen Adenauerdeutschland bis zur Unkenntlichkeit entzauberten. So weit, so schlecht – aber auch so unrecht: abseits der ebenso bekannten wie ungeliebten frühen deutschen „Rock“-Platten entstanden in jenen Jahren musikalische Kleinode – in Kleinstauflagen erschienen und auf B-Seiten versteckt oder nach Erscheinen bis auf wenige Exemplare eingestampft.

Bernd Begemann und Dirk Darmstaedter diggten deep und fanden auf Heuschobern, in feuchten Kellern und auf Dachböden zerkratze Original-Singles. Die Qualität der Songs reicht von skurril über erstaunlich bis zu grandios. Der Freude am Fortschritt und die der damit einhergehenden Libertinage fanden Ausdruck in Lobliedern auf die Espresso-Bar („Espresso-Rock“ von Topsy) oder auf das Warenhaus („Warenhaus Rock“ von Delle Hensch und den Rockies). Erstaunt ist man über den Humor und die Frivolität einiger Texte („Ich bin kein schöner Mann“ von Billy Sanders oder „So geht das jede Nacht“ von Freddy Quinn), Eigenschaften, welche man nicht unbedingt mit dieser Zeit und diesem Land verbindet. Natürlich gibt es auch klassische Teenager-Nummern, die Rock-and-Roll- Zielgruppe, wie etwa „Susi sagt es Gabi“ von Peter Kraus.

Die beiden ältesten Teenager der Welt, Bernd und Dirk, haben sich nun dieser vergessenen Songs angenommen. Kranken die Originale bisweilen noch am Tanztee-Sound und merkt man ihnen an, dass viele der Studiomusiker vom brandheißen, neuen Sound überfordert waren, geben ihnen Bernd und Dirk die Behandlung, die sie verdienen und wie sie vermutlich auch gedacht waren: rockend, rau und rauchend, feurig, fetzend und sexy. Als ob die Blue Caps zusammen mit den Stray Cats und Chuck Berry in der Garage die Röhren ihrer Fender-Amps und die Felle ihrer Drums einen Belastungstest unterziehen.

Meine Damen und Herren, Boys und Girls, Cats, Kiddies und Daddy-Os: „So geht das jede Nacht“,

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